Aktive Monitor-Lautsprecher
Was haben IK Multimedia, Lamborghini und guter Essig gemeinsam?
Alle kommen aus der italienischen Provinz Modena.
Während man den Autos ihre Qualität schon ansieht, ahnte ich beim ersten Anschauen der IK Multimedia iLoud Micro Monitore nicht, was sie zu leisten imstande sind. In ihren kleinen Plastik-Gehäusen wirkten sie auf mich wie – zwar gut designte, aber – billige, kleine PC-Lautsprecher.
Beim Auspacken fällt das dicke, sehr störrische Kabel für die Verbindung der beiden Boxen auf. Weil es die direkten Lautsprecher-Signale überträgt, muss es natürlich über einen gewissen Querschnitt verfügen. Aber muss es deswegen so wenig flexibel sein? In bestimmten, beengten räumlichen Verhältnissen kann es wegen dieses Kabels schwierig werden, die Lautsprecherboxen sinnvoll zu plazieren. Wegen des viel zu großen Biegeradius' (um Kabelbruch zu vermeiden) benötigen die selbst schon recht tief gebauten Boxen zusätzlich viel Platz nach hinten. Auch die Verlagerung des Ein-/Ausschalters sowie des Pegelstellers auf die Rückseite kann sich dann als problematisch erweisen.
Als Nahfeldmonintor ist der iLoud Micro Monitor natürlich ungeeignet, größerer Räume zu beschallen. In einem Hör-Abstand von einem knappen Meter jedoch entfaltet er sein ganzes Potenzial. Auf meinem Arbeitstisch stehen die beiden kleinen Lautsprecher links und rechts neben den Bildschirm und wirken dann wie ganz normale PC-Lautsprecher. Allerdings nur, bis das erste Mal Musik darüber erklingt. In diesem Moment fragte ich mich, ob ich wirklich die richtigen Lautsprecher aktiviert hatte, oder nicht doch versehentlich die großen, älteren Monitore liefen, die daneben standen.
Aber nein, alles war korrekt angeschlossen und die Musik erklang wirklich aus diesen kleinen Böxchen. Tonal den alten recht ähnlich und fast genauso ausgewogen – obwohl diese mit ihren 12,5 Litern ein etwa fünfmal so großes Brutto-Volumen aufweisen.
Für diesen ersten kleinen Test hatte ich die Lautsprecher direkt auf der Schreibtischplatte neben dem Bildschirm aufgebaut. Für ein lineares Klangbild musste ich die Korrekturschalter für Desktop, Tiefen und Höhen aktivieren – also Letztere geringfügig anheben und die Tiefen leicht absenken.
Im zweiten Aufbau, freistehend auf etwa 25 cm hohen Stativen (Mini-„Tripod“ plus verstellbare Gewindestange aus dem Fotobereich), müssen dann Desktop und Höhen auf „Flat“ geschaltet werden, der Tiefenschalter verbleibt auf „-3dB“. Der Klang ist nun nochmals klarer, durchsichtiger und abgelöster von den Lautsprechern.
Die Klangfarben sind erstaunlich verfärbungsarm und ausgeglichen. Alle echten, analogen Instrumente klingen sehr natürlich – eine Geige wie eine Geige und ein Cello wie ein Cello. Auch die menschliche Stimme, sei es Gesang oder Sprache, hat etwas beeindruckend Natürliches. Manchmal scheinen die Höhen ein wenig vorlaut, dies jedoch auf sehr niedrigen Niveau, so dass keine generelle Überbetonung von beispielsweise Zischlauten erfolgt.
Impulse werden sehr klar und direkt wiedergegeben, weitgehend ohne Verschleifungen. So haben im Groben Schlaginstrumente teils enorme Durchschlagskraft und im Feinen überzeugen Cembali oder stahlsaitenbezogene Gitarren mit fein-perlendem Klang.
Die Darstellung des Raumes gelingt sehr gut. Tiefenscharf und in der Breite weit über die Boxen hinausgehend, lassen sie eine präzise Ortbarkeit von Sängern oder Instrumentalisten zu. Die Darstellung kleinerer Ensembles gelingt ihnen naturgemäß besser, als großer Orchester – hier wirken meine alten, großen Monitore glaubhafter, weil sie bei ebenso guter Ortbarkeit meist mehr Luft zwischen den Akteuren lassen. Das ist ein wenig vergleichbar mit den Unterschieden zwischen In-Ohr- und Über-Ohr-Kopfhörern.
Auch die Pegelfestigkeit ist, gemessen an der Größe, recht hoch. Bezogen auf den normalen Einsatz im kleinen Studio oder auf dem Schreibtisch sind am Arbeitsplatz Pegel weit über Zimmerlautstärke problemlos möglich. Irgendwann beginnen sie dann, von unten her schlapp zu machen – der Bass wirkt dann am unteren Ende schnell konturenärmer und verwaschener. Die Physik kann hier nicht überlistet werden; wenn Grenzen überschritten werden, versagt die Technik: Für gleichzeitig tiefen Bass und Lautstärke ist einfach Membranfläche nötig. Meine alten Monitore schaffen hier deutlich mehr, was bei fast vierfacher Membranfläche allerdings auch nicht verwundert.
Ein dritter Test fand in einem anderen Zimmer auf einem Eckschreibtisch in einer Raumecke statt, wiederum direkt auf der Tischplatte. Die Einstellungen erfolgten wie oben beim ersten Test. Wegen der geringen Nähe zu den Wänden wirkten die tiefen Frequenzen nun erwartungsgemäß aufgebläht, so dass der System-Equalizer bemüht werden musste, um diesen Effekt zu besänftigen. Weil dieser PC über die schlechtesten Audio-Chips meiner Geräte verfügte, war das Klangbild dort insgesamt schlechter als zuvor an den hochwertigen, externen Interfaces. Gute DA-Wandler, sei es auf einer internen Soundkarte oder einem externen USB-Interface, sind also Grundvoraussetzung dafür, das Potenzial dieser Lautsprecher überhaupt einigermaßen ausreizen zu können.
Bislang waren die Micro-Monitore immer über Kabel mit den Quellgeräten verbunden, sie bieten jedoch auch die Signal-Einkopplung per Bluetooth. Mit meinen aktuellen Android-Geräten (Samsung Tab S2 und Smartphone A71) gelang das Pairing bequem und schnell. Gutes Ton-Material und eine hochwertige App vorausgesetzt, ändert sich an der grundsätzlichen Klangcharakteristik nichts. Der Raum wirkt etwas weniger luftig, die Ortbarkeit ist etwas weniger präzise, aber größere tonale Verfärbungen konnte ich nicht feststellen. Es spricht für mich absolut nichts dagegen, die Lautsprecher auf Reisen mitzunehmen und darüber Musik zu genießen.
Zurück zum Haupt-Test. Trotz aller guten Eigenschaften kommen auch die Micro-Monitore irgendwann an Grenzen und können dann nicht mit deutlich größeren und hochpreisigeren Monitoren mithalten (wäre auch merkwürdig); erstaunlich ist jedoch, wie nah sie an diese heranreichen, solange sie max. etwa 1 m entfernt stehen. Allerdings: Bei in allen Belangen nochmals deutlich spürbar besseren Lautsprechern kostet ein einzelner nach meinen Erfahrungen mindestens doppelt so viel, wie hier das komplette Paar. Das Preis-Leistungs-Verhältnis bewerte ich somit als ausgezeichnet.
Mit ihren vielen positiven Eigenschaften sind die Micro-Monitore durchaus auch zum Mischen geeignet. Kommerzielle Produktionen würde ich ihnen vielleicht nicht (ausschließlich) anvertrauen, für viele semiprofessionelle Anwendungen im Homestudio (Musik-, Sprach-, oder Videproduktion …) scheinen sie mir jedoch, gerade bei räumlich beengten Verhältnissen, hervorragend geeignet – im besten Sinne „alternativlos“. Auch zum reinen Musikhören eignen sie sich, solange das Material von guter Qualität ist – schlechte Aufnahmetechnik wird schnell demaskiert. Gegenüber PC-Lautsprechern oder Spaßboxen bringen auch klassische Musik (insbesondere Kammermusik!), Jazz oder reine Sprache (TV-Sendungen, Hörbücher) echtes Hörvergnügen. Fazit: Kleine Boxen – großer Klang.
Um auszuprobieren, ob man insbesonders am unteren Ende noch etwas optimieren kann, schaffte ich noch einen kleinen Subwoofer an. Seine Vorstellung erfolgt im folgenden Abschnitt Subwoofer.